
VGH Kassel
Zur Anordnung einer Fahrtenbuchauflage.
(Urteil vom 22.03.2005, Az.: 2 UE 582/04)
Die Verwaltungsbehörde hatte dem Kläger eine Fahrtenbuchauflage erteilt. Der Kläger ist Halter eines Pkws, dessen Fahrer am 21.02.2002 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 42 km/h überschritten hatte.
Ausweislich der Behördenakten wurde dem Kläger am 11.03.2002 ein Anhörungsbogen und am 03.04.2002 eine Fahreranfrage übersandt. Auf beide Schreiben erfolgte keine Reaktion, sodass die zuständige Verwaltungsbehörde das Ordnungswidrigkeitenverfahren einstellte. Mit Bescheid vom 22.07.2002 gab die Straßenverkehrsbehörde dem Kläger auf, für die Dauer von 6 Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Gegen diese Anordnung erhob der Kläger Widerspruch, der erfolglos blieb. Auf die Anfechtungsklage hob das Verwaltungsgericht die Anordnung der Fahrtenbuchauflage auf. Der VGH Kassel gab in der Berufung der Straßenverkehrsbehörde Recht.
In seinem Urteil führt der VGH Kassel aus, dass eine Unmöglichkeit der Fahrzeugführerfeststellung (§ 31a Abs. 1 S. 1 StVZO) vorliege, wenn die zur Ahndung von Verkehrsverstößen zuständige Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage sei, den Täter mit zumutbaren Maßnahmen zu ermitteln.
Art und Umfang der Tätigkeit der Behörde, den Fahrzeugführer zu ermitteln, können sich dabei an der Erklärung des Fahrzeughalters ausrichten. Lehnt dieser die Mitwirkung an der Aufklärung des Verkehrsverstoßes ab oder erklärt er, dazu nicht in der Lage zu sein, braucht die Behörde regelmäßig keine wahllosen zeitraubenden und kaum Aussicht auf Erfolg bietenden Ermittlungen zu betreiben.
Im konkreten Fall war der Anhörungsbogen erst nach Ablauf von mehr als 14 Tagen übersandt worden. Insoweit verweist der VGH darauf, dass grundsätzlich Vorraussetzung für die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage ist, dass der Fahrzeughalter innerhalb einer Zwei-Wochen-Frist angehört wurde.
Das Überschreiten dieser Frist genügt allein jedoch nicht, um die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage zu hindern. Voraussetzung ist vielmehr weiter, dass sich der Halter im Hinblick auf den Zeitablauf auf Erinnerungslücken beruft. Dies hatte der Kläger jedoch nicht getan. Er hatte lediglich darauf abgestellt, erstmalig mit der Fahrtenbuchauflage selbst Kenntnis von dem streitgegenständlichen Verkehrsverstoß erhalten zu haben. Daher fehlte es an der Kausalität zwischen dem Überschreiten der grundsätzlich erforderlichen Zwei-Wochen-Frist und der fehlenden Mitwirkungsmöglichkeit des Halters.
Der VGH stellt weiter fest, dass der Zugang des Anhörungsbogens nicht bewiesen werden braucht. Vielmehr darf die Behörde davon ausgehen, dass der von ihr mit normalem Brief versandte Anhörungsbogen dem Halter auch zugegangen sei. Eine förmliche Zustellung des Anhörungsbogens sei nicht erforderlich.
zurück